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Interview mit Peter Kiss, CEO der METRANS Group - Wir sollten verstehen, was wir an der Bahn haben!

Um die globalen Klimaziele zu erreichen, sollen künftig mehr Verkehre auf die Schiene verlagert werden. Die gute Absicht hat derzeit mehr als einen Haken: zum Beispiel gibt es keine freien Slots für neue Zugprodukte und vielen politischen Ankündigungen folgen keine Taten. Mit dieser Situation kämpft auch die HHLA-Bahntochter Metrans. Im folgenden Interview bekennt sich der CEO der Metrans Group, Peter Kiss, zur Verantwortung des Unternehmens für klimafreundliche Verkehre. Er spricht aber auch aktuelle Herausforderungen an und betont, dass die entsprechenden Bedingungen geschaffen werden müssen.

 

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderung für die nächsten Jahre, und die Metrans will Teil der Lösung sein. Was hat sich ihr Unternehmen vorgenommen?


Nur auf der Schiene kann der Güterverkehr unter den aktuellen Bedingungen klimafreundlich funktionieren, denn andere technische Lösungen sind noch nicht ausgereift. Deshalb haben wir als Bahn- bzw. Intermodalunternehmen eine besondere Verantwortung, und die nehmen wir auch wahr.

Allerdings fühlen wir uns bei der Umsetzung dieses Auftrags leider ein bisschen allein gelassen. Denn der Kreis, der mit uns diese Verantwortung teilen will, ist noch sehr klein. Als wir beispielsweise 2019 unser nachhaltiges Produkt HHLA Pure für klimaneutrale Transporte zwischen Häfen und Hinterland auf Markt brachten, wollte das zunächst kaum ein Kunde buchen. Wir haben jedenfalls kein „Hurra, ich will das haben!“ gehört.

 

Dann gibt es also eine Menge Hindernisse auf dem Weg zur Klimaneutralität?


Wenn ich mir die aktuelle Entwicklung bei den Energiepreisen anschaue, dann bezweifle ich, ob wir die Klimaziele erreichen können. Die Preise für die Traktionsenergie sind drastisch gestiegen, in einigen Ländern um 100 Prozent, in Ungarn vermutlich sogar um 300 Prozent. Das können wir nicht hinnehmen. Hier ist die Politik gefordert, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Trotzdem halten wir unserem Ziel fest, mehr Waren und Güter klimaneutral zu transportieren. Wir stehen dazu, auch wenn uns HHLA Pure im Jahr 2022 das Drei- bis Vierfache kosten wird.

 

Die europäische Politik setzt auf eine Verkehrswende. Sind die Weichen schon richtig gestellt, was den gesetzlichen Rahmen und die finanzielle Förderung betrifft?


Noch nicht überall in der Politik ist verstanden worden, über welches Potenzial die Bahn verfügt. Dabei geht es nicht nur um Nachhaltigkeit. Zum Beispiel hat die Bahn als einziger Verkehrsträger auch in der Krise zuverlässig ihren Versorgungsauftrag erfüllt. Damit wir das auch in der Zukunft tun können, müssen durch die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, sowohl auf nationaler Ebene als auch durch die EU. Es bedarf Regelungen bei der Trassenförderung und einer ausreichenden Unterstützung für den Kombinierten Verkehr, und zwar für alle Unternehmen gleichermaßen! Nur, wenn wir uns richtig auf die Bahn konzentrieren, wird es eine Verkehrswende geben.

Derzeit habe ich den Eindruck, es wird vor allem über die großen Player im Markt und ihre Probleme gesprochen. Die kleineren Unternehmen sowie die Verbände müssen hingegen sehr laut werden, um mit ihren Forderungen wahrgenommen zu werden. Wir würden uns daher wünschen, mehr Gehör in der Politik zu finden. Denn auch die kleineren Unternehmen liefern.

„Die Kosten müssen so attraktiv sein, dass Verlader gern auf die Bahn umsteigen. Derzeit ist das Bahnnetz noch nicht in dem Zustand, um der Straße Konkurrenz zu machen.“

Sie sprechen den Kombinierten Verkehr an. Was muss getan werden, damit er die in ihn gesetzten hohen Erwartungen möglichst bald erfüllen kann?


Die Kosten für den KV müssen so attraktiv sein, dass die Verlader gern auf die Bahn umsteigen. Dazu müssten aber die Kosten für den Straßenverkehr noch stärker angepasst werden, eventuell im Verhältnis zum Ausstoß von Kohlendioxid. Da steht die Bahn deutlich besser da, aber es schlägt sich nicht im Preis nieder.

Vor allem in Deutschland wird viel über die Verkehrsverlagerung auf die Schiene gesprochen. Aber wie soll das in der Praxis funktionieren, wenn es keine freien Slots für neue Zugprodukte mehr gibt? Bei den kontinentalen Verkehren kämpfen wir mit steigenden Kosten und fehlenden Kapazitäten. Derzeit müssen die Performer auf der Schiene ständig nach neuen Lösungen suchen, um einen stabilen Betrieb zu gewährleisten. Das Bahnnetz ist noch nicht in dem Zustand, um der Straße Konkurrenz zu machen.

 

Was könnten die Netzbetreiber in Europa denn aus eigener Kraft ändern?


Die Netzbetreiber tun mir ein wenig leid. Die Politik gibt die Richtung vor, anschließend muss der Netzbetreiber dafür sorgen, dass alle EVU´s die Möglichkeit bekommen, die Schiene so zu nutzen, wie sie es brauchen. Und zwar nicht auf Umwegen, sondern über die besten Trassen. In Deutschland bekommen außerdem Personenverkehre immer noch Vorrang vor dem Warenverkehr. Ist der etwa nicht so wichtig?

Beklagt wird auch, dass der Güterverkehr – im Vergleich zur Straße – nicht schnell genug ist. Jetzt heißt es, der Güterverkehr solle mit einer Mindestgeschwindigkeit von 100 km/h fahren und an den Grenzen „nur“ 15 Minuten warten müssen. Das unterstützen wir sofort. Aber ich bezweifle, dass der Ankündigung auch Taten folgen, denn bisher ist nicht geklärt, wie dieses Versprechen eingelöst werden soll.

 

Wer sollte die Veränderung antreiben?


Ich denke, wir müssen gemeinsam am Gesamtsystem arbeiten. Auch die Operateure und Traktionäre werden ein bisschen allein gelassen. Bestimmte Teillösungen bietet jeder an, aber sonst passiert nichts. Nur mit einem verbesserten Gesamtsystem werden wir auch in Zukunft noch unseren Job zuverlässig machen können.

Das Gesamtsystem würde auch die Verlader, Spediteure, Reeder usw. einschließen. Sehen sie da eine Bereitschaft für Veränderungen?


Ja, die Fragilität der Transportketten hat da einiges bewegt. Wir kämpfen gemeinsam mit ständigen Unregelmäßigkeiten. Die beginnen bei den maritimen Verkehren mit der Ankunft eines Schiffes, deshalb müssen wir die Reeder einbeziehen. Auch die Situation in einigen Häfen, mit den zahlreichen Baustellen im Bahnnetz und mit verstopften Zubringerstraßen muss verbessert werden.

Nicht wegen der Corona-Pandemie erleben wir herausfordernde Zeiten. Globalisierung, Digitalisierung und Klimawandel stellen an das Gesamtsystem des Schienenverkehrs höhere Anforderungen hinsichtlich Stabilität und Zuverlässigkeit. Uns allen muss bewusst sein, welche Vorteile Bahnverkehre haben. Die Mehrheit der METRANS-Kunden hat dies verstanden. Und wir werden unsere Anstrengungen erhöhen, um die wachsenden Erwartungen unserer Kunden auch in der Zukunft in hoher Qualität zu erfüllen.

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